Audio Editoren Linux Teaser

Die besten Audio Editoren für Linux

Audio Editoren für Linux gibt es, doch was ist der Vorteil? Auch wenn es nicht so klingt: Sie bringen weniger Funktionen als eine ausgewachsene DAW mit. Die Bedienung ist oft intuitiver und der Umfang reicht trotzdem, um professionelle Ansprüche zu befriedigen. Beispielsweise setzen viele Streamer (für die VOD-Aufzeichnung) und Podcaster auf einen bestimmten Audio Editor, den es auch für Linux gibt.

Audio Editor vs. DAW: Was ist der Unterschied?

Eine Digital Audio Workstation, kurz DAW, ist ein umfassendes Programm zur Erstellung von Audio- und MIDI-Daten. Der Funktionsumfang ist immens. Das Ziel ist die komplette Produktion von z.B. Songs von Bands.

Audio Editoren hingegen bieten nicht so viele Funktionen, decken jedoch gerade genug für einen sicheren Platz bei verschiedenen Einsatzzwecken ab.

Zu den Hauptaufgaben von Audio Editoren gehören:

  • Aufnehmen von Mono und Stereo Audio
  • Editieren
  • Import und Export von Audio
  • Audio mit Effekten verändern

Die einen bieten mehr, die anderen weniger Funktionen. Keiner der Audio-Editoren beherrscht MIDI-Aufnahme, ein Editor aus der Liste kann es jedoch wiedergeben. Audio-Daten werden in der Regel destruktiv im Editor verarbeitet: Änderungen werden direkt angewendet, ohne dabei aber die Originaldatei zu verändern.

Zum Vergleich: In DAWs werden Änderungen über Echtzeit-Effekte, Automation und spezielle Werkzeuge realisiert und werden in der Regel nicht direkt auf das Material „gerechnet“.

Audacity Audio Editor GUI
Audacity beherrscht mehrere Spuren, CC-BY-SA

Audacity (FOSS)

Der bekannteste und umfangreichste Audio Editor für Linux ist Audacity. Die allermeisten haben damit ihre ersten Schritte in der Audio-Welt gemacht, weil es seit jeher kostenlos und als Open Source verfügbar ist und mehrspuriges Audio verarbeiten kann. Außerdem läuft es stabil und ist für die drei verbreiteten Betriebssysteme vorhanden, Linux, Windows und macOS.

Audacity nimmt Audio auf, kann es editieren, mit Effekten bzw. Plugins verändern und am Ende in eine Datei exportieren. Seit Version 3.2. bietet es auch Support von VST3 und Echtzeit-Effekten nebst Automation, was bisher nur DAWs zur Verfügung steht und damit die Grenzen etwas weiter verschwimmen. Bei meiner Version gibt es allerdings Probleme mit den Plugin-GUIs, diese werden nicht angezeigt. Weder bei der Installation über apt, noch als flatpak. Der Fokus liegt weiterhin auf der Funktion als Audio-Editor. MIDI kann es nicht aufnehmen, jedoch vorhandene MIDI-Dateien importieren.

Der Audio-Editor eignet sich nicht nur zum Aufzeichnen von Musik aus einer Mikrofon-Quelle, sondern ist auch für Streams und Podcasts interessant. Hier fungiert es als Bandmaschine und zeichnet zuverlässig Audio auf, auch als Backup – während zum Beispiel OBS den Video-Teil übernimmt.

Tenacity hat z.B. eine andere WErkzeugleiste, (C) Tenacity

Tenacity & Saucedacity (FOSS)

2021 wurde Audacity von der Muse Group gekauft, bzw. übernimmt diese die Entwicklung des beliebtesten Audio Editors. Die Muse Group ist auch für MuseScore, MuseClass und Tonebridge verantwortlich. Im Zuge der ersten Veröffentlichung wurde der Versand von Telemetriedaten eingebaut, was später manuell in den Einstellungen aktiviert werden musste. Der Aufschrei der Community war groß und dank des Open Source Konzepts wurde Audacity in der letzten Version ohne telemetrische Datenübertragung ge-forked. So entstanden unter anderen Tenacity und Saucedacity. Mittlerweile wurden die Kräfte zusammengezogen und Tenacity wird von einem Team freiwilliger Entwickler:innen fortgeführt.

Die Updates erscheinen sporadischer als von Audacity, bauen eigene Ideen ein und (nach aktuellem Stand) fehlen aktuelle Features von Audacity. Der Vergleich lohnt sich aber nicht nur für Verfechter telemetriefreier Software.

Ocenaudio Audio Editor GUI
Ocenaudio ist kein Open Source, CC-BY-SA

Ocenaudio

Ein weiterer Audio Editor für Linux ist Ocenaudio. Der Editor bietet Aufnahme und Abspielen von einer Spur Audio. Dabei kann ausgewählt werden, ob diese Mono, Stereo, Multichannel (3-8), einer Samplerate von 44100, 4800 oder einer frei wählbaren bei 16, 24 oder 32 Bit aufgenommen werden. Der Export ist in etliche (auch unbekanntere) Formate möglich, außer MP3.

Zum Audio lassen sich die technischen Statistiken und eine FFT-Analyse anzeigen. Die Waveform kann alternativ als Spektrogramm angezeigt werden. Über vorinstallierte Plugins lassen die Daten sich normalisieren, rückwärs abspielen oder über EQ, Kompressor, Pitch Shifter oder Modulationseffekte destruktiv verändern. Außerdem lässt sich Stille, Rauschen, Sinustöne oder DTMF-Telefonwahltöne generieren. Über VST-Plugins lässt sich die Palette erweitern.

Ocenaudio ist ein Crossplatform Audio-Editor für Linux, Windows und macOS und wird in 32 und 64 Bit angeboten. Es ist kein Open Source Projekt. Das Entwicklerteam bietet den Installer direkt über die Homepage als DEB, RPM und pacman-Package an. In den gängigen Repositories befindet sich das Werkzeug nicht. Das Programm läuft auf aktuellen Systemen wie meinem Testsystem reibungslos.

AudioMass Audio Editor GUI
AudioMass arbeitet im Browser, CC-BY-SA

AudioMass (FOSS)

AudioMass hat einen „moderneren“ Ansatz. Es ist von einem einzelnen Entwickler und wird komplett im Browser ausgeführt. Entweder online, oder auf Knopfdruck lokal. Erfahrungsgemäß funktioniert es in Chromium-basierten Browsern besser als mit Firefox, in dem sich bei mir keine Dateien von der Festplatte importieren lassen.

Es lässt sich eine Mono oder Stereo-Spur aufnehmen und bearbeiten und anschließend exportieren. Die Bedienung stockt mitunter kurz, wenn Effekte angewandt werden. Dafür werden eine ganze Palette an Effekten angeboten, von parametrischen EQ, Dynamikeffekten, Pitch Shifting und Modulationseffekten ist alles handelsübliche für Audio Editor dabei. Live Analyse lässt sich zudem in einem Docker anzeigen oder in Popup-Fenstern beliebig auf dem Bildschirm platzieren.

Die Bedienung ist sehr eingängig. Wichtige Funktionen sind auf Buttons in der Hauptansicht gelegt, erweiterte Funktionen in Dropdown-Menüs platziert. Die grafische Oberfläche ist minimalistisch und schick und es sind alle wichtigen Funktionen vorhanden. Der Export ist auf WAV und MP3 beschränkt.

Mein Wunsch wäre: AudioMass sollte z.B. eine Electron-App werden, damit sie (optional!) unabhängig vom Browser auch lokal genutzt werden kann.

Der Audio Editor AudioMass lässt sich kostenfrei nutzen und scheint auch keine persönlichen Daten zu sammeln. Es wird über GitHub als Open Source Anwendung entwickelt.

Audio Editoren für Sound Designer

Es gibt Audio Editoren, die sich aufgrund spezieller Funktionalität eher an Sound Designer in der Film-, Gaming- oder Hörspiel- bzw. Podcast-Produktionen richten. Einfache Aufgaben beherrschen sie kaum.

PaulXSTretch Audio Editor GUI
PaulXStretch ist ein extremer Audio Editor, (C) Sonosaurus

Paul Stretch / PaulXStretch

Paul Stretch ist ein Programm bzw. Algorithmus, mit dem Audiodaten extrem in der Abspielgeschwindigkeit verändert werden können, ohne danach nach Müll zu klingen. Aus einem einfachen „Hallo“ kann mit entsprechender Behandlung ein mehrstündiges Dark Ambient Musikstück werden.

Mit dem Open Source Programm PaulXStretch bekommt der Algorithmus eine moderne Oberfläche. Pitch Shift, Filter und andere Effekte lassen sich in beliebiger Reihenfolge anwenden. Es ist Crossplatform für Linux, Windows und macOS (und iOS) verfügbar und kompatibel zu VST3 und CLAP-Effektplugins. Die Linux-Version wird mit JACK oder ALSA genutzt und muss über git clone installiert werden.

Der Quellcode wird über GitHub verwaltet. PaulXStretch ist unter GPL3 lizensiert.

Cecilia Audio Editor GUI
Cecilias Zukunft ist ungewiss, (c) Cecilia Team

Cecilia

Cecilia ist ein Audio Editor mit einem etwas anderen Ansatz. Es basiert auf Python, sieht nicht ganz so schick aus. Das Programm arbeitet mit Modulen, die unterschiedlichen Einfluss auf das Audio nehmen. Es sind lange Pads wie mit Paul Stretch möglich, auch Re-Synthese über Grainer, andere Sounds über Pitch Shifting – und über Automation wird es nochmal individueller.

Es gibt ein Problem: Während Cecilia mit macOS und Windows als Binary vorliegt, müssen Linux-Nutzende über git Clone und veraltete Abhängigkeiten das Programm manuell an den Start bringen. Der letzte Commit ist immerhin von 2021. In Vergangenheit hatte ich damit keine Probleme, auf meinem aktuellen System konnte ich es nicht mehr installieren.

Cecilia5 ist unter GPL3 Lizenz verfügbar. Der letzte Tweet der beiden Entwickler ist allerdings von 2019. Die stecken auch hinter Pyo (Basis Sound Engine von Cecilia), Soundgrain und Zyne.

Der beste Audio Editor für Linux

Es gibt eigentlich nicht DEN besten Audio Editor für Linux. Es gibt nur DEN besten Audio Editor für deinen Anwendungsfall. Da es ohnehin kaum Auswahl bei guten Editoren gibt, ist auch die Auswahl für Linux nahezu identisch zu denen für Windows oder macOS.

Die meisten werden mit Audacity am besten fahren. Aber auch OcenAudio oder AudioMass sind einen Blick wert.

Das Beste: Die meisten sind Open Source und sogar noch kostenlos in der Verwendung.

Für alle die mehr machen wollen: Schaut euch die gängigen DAWs für Linux an.

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Claudius ist freier Autor zu Themen wie IT, Linux und Audio und bloggt hier aus eigener Erfahrung herum. Daily Driver und Kreativsystem ist aktuell Fedora 40.
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8 Comments
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Florian

Hat schon einmal jemand gesagt, wie toll diese Seite ist?
Genialer Inhalt. Danke, die Linux-Welt braucht mehr sowas,
Repaer hat mich überrascht, AudioMass habe ich gerade ausprobiert, es ist toll!

Christian Becker

Kannte ich bis auf Audacity alle gar nicht. Danke für’s Vorstellen.

Christian Becker
Reply to  claudius

Würde ich gern. Leider alle nicht bei meiner Distribution dabei (außer Audacity). Mal gucken, ob es da Overlays gibt. Ansonsten muss ich wohl selbst kompilieren. Die Editoren zum Generieren von Klängen klingen spannend.

Robert

Du schreibst bei Ocenaudio scheint die Entwicklung seit geraumer Zeit eingestellt?
Hast Du weitere Infos dazu?
Ich bekomme ca. alle 14 Tage ein Update……..
Viele Grüße

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