Fender Studio ist eine kleine DAW für Linux, Windows, macOS, Android und iOS. Die Besonderheiten: Es gibt kostenlose Jam-Tracks, Fender Amp Simulation und eine handvoll Effektpedale. Allerdings hat die Sache einen kleinen Haken. Und der wiegt doch etwas schwerer, als mir (und vermutlich dir) das lieb ist.
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Fender Studio: Garage Band für Linux?
Zugegeben, die Überschrift ist etwas effekthascherisch, aber das habe ich tatsächlich mehr als einmal in den einschlägigen Foren gelesen. Denn Fender Studio ist kostenlos und kann, grundlegend, ohne Registrierung genutzt werden.
Und da kommt gleich der Haken: Fender Studio ist nur eingeschränkt nutzbar, bis du dich mit einem Nutzungskonto registriert hast. Doch auch ohne geht damit Einiges.

Unterbau: Presonus Studio One
Wer häääätte denn nuhuur vermuten köööönnen, dass der vermutlich grööößte Musikkonzern der Welt Fender (FMIC) eine Firma wie Presonus mit angebundener DAW (Studio One) kahaaauft, um diese für seine Zwecke umzubauen?
Ok, Sarkasmus beiseite: Alle mit etwas Ahnung von der Industrie haben so Etwas erwartet. Doch es gibt eine Überraschung: Anders als Studio One gibt es Fender Studio für “alle” Systeme. Zwar gibt es Studio One als offene Beta-Version für Linux, so richtig offiziell ist das aber nicht. Und es ist kostenlos.
“Studio” hingegen gibt es für Windows, macOS, Linux (!), ChromeOS, iOS und Android (!).
Und das nicht nur für Intel und AMD, sondern auch für die AMR64-Plattform – also die neuen Snapdragon-Modelle oder potentere Bastelcomputer wie der Raspberry PI.
Dafür an der Stelle einen Daumen hoch von mir.
Optisch kann Fender Studio die Verwandtschaft mit Studio One nicht verstecken. Muss es auch nicht. Schließlich ist S1 eine bewährte DAW.

Fender Studio Features
Es gibt nur ein Fender Studio, jedoch davon zwei Varianten. Eine mit und eine ohne Registrierung. Wer sich bei Fender registriert, bekommt alle Funktionen freigeschaltet. Die können sich wirklich sehen (und hören lassen). Alles, was nur mit Registrierung freigeschaltet wird, markiere ich hier mit einer “#”.
Amps
- 65 Twin Reverb
- Reverb 800 v.3
- 59 Bassman #
- Bassbreaker 15 Medium Gain #
- Super-Sonic #
- Redhead #
- Tube Preamp #
Effektpedale
- Overdrive
- Sine Chorus
- Mono Delay
- Small Hall Reverb
- Modern Bass OD
- VariFuzz #
- Vintage Tremolo #
- Stereo Tape Delay #
- Small Room Reverb #
- Triangle Flanger #
- Simple Comp #
FX-Plug-ins und Bearbeitungsoptionen für den Mixer
- Kompressor
- EQ
- Expander
- Delay
- De-Tuner
- Transformer
- Vocoder
- Ring Modulator
- Global Transpose
- Metronom
- Timestretching
Was es (noch?) nicht gibt, ist MIDI-Unterstützung. Laut Fender soll die Entwicklung aber noch weiter gehen.
Dazu gibt es 10+ Jam-Tracks mit fertigen Stems (Drums, Bass, Gitarre, Bläser etc) aus verschiedenen Musikrichtungen, Pop, Rock, Raggea, etc. zu denen du jammen kannst – und die du bei Bedarf einzeln stummschalten und ersetzen kannst.
In der kostenlosen Version bekommst du 8 Spuren. Registrierst du dich, bekommst du 16 Spuren und alles, was oben mit “#” markiert ist. Das Konzept kennen einige sicherlich von anderen DAWs wie Bitwig 8-Track, Studio One Free oder Cubase LE, die das zumindest ähnlich machen.
Da ich noch von früher (TM) einen Fender-Account habe, habe ich es mir alles mal freigeschaltet. Hätte ich keinen, würde ich vermutlich auch ohne Registrierung gut klar kommen. Für alles über “Jammen” habe ich ohnehin “echte” DAWs.

Fender Studio mit Linux: Meine Erfahrung
Eine neue DAW für Linux muss ich mir natürlich genau anschauen. Und das obendrein noch kostenlos und ohne mich vorher bei einem Newsletter oder Nutzungskoto anzumelden. Daumen hoch an der Stelle.
Mein Test-Setup ist auch mein Daily Driver und Audio Setup: Debian (Sid) mit 6.12-ish Kernel und Gnome 48. Mal mit Wayland, mal mit X11 getestet.
Die Installation geht flott von der Hand. Fender Studio gibt es nicht in den Repos, sondern nur per Flatpak-Datei direkt von der Fender-Homepage.
Also einfach per Doppelklick geöffnet (oder per flatpak install "Dateiname"
im Terminal) und Fender Studio mitsamt Abhängigkeiten installiert. Es wird direkt im System integriert und kann gestartet werden.
Doch dann folgt die Ernüchterung. Die Linux-Anwendung lässt sich zwar starten, es kommt aber kein Sound heraus. Zumindest nicht auf meinem Thinkpad T14 mit AMD. Klicke ich auf das Burger-Menü, um in die Einstellungen zu kommen, schließt sich das Programm direkt. “Stumm” kann ich sonst problemlos das Programm nutzen, Jam-Tracks laden und Spuren mischen. Ohne Etwas zu hören ist das aber etwas witzlos. Und exportieren oder speichern kann ich ohne das Burger-Menü auch nichts.
Also nächstes Audio-Setup rangeschafft. Fedora 42 mit 6.12-ish Kernel und Gnome 48 auf einem Intel-NUC. Mal mit Intel-iGPU, mal mit nVidia GPU getestet, mal mit Nouveau, mal mit nvidia-non-free. Fender Studio startet gar nicht. Auch nicht aus dem Terminal. Keine Fehlermeldung. Es geht einfach nicht.
Gleiches passiert bei Linux Mint 22 auf dem Thinkpad. Nix. Kein Zucken.
Das ist wahrlich keine gute Linux-Performance.
¯_(ツ)_/¯

… aber auch dem Mac …
Also das MacBook mal wieder entstaubt, aktualisiert und hochgefahren. Und es geht. Alles. Auf Anhieb. Sound: Da. Burger-Menü: Da.
Ein kleiner Frust-Moment. So viel Potenzial, so wenig Erfolg. Ob es an meinen Systemen mit Wayland liegt? Auf der anderen Seite ist die Studio-One-Beta für Linux >nur< für Wayland. Ich kann es nicht klären.
Fender Studio klingt auf jeden Fall richtig gut. Die Amps klingen nach den Fender Amps, fühlen sich auch so an, wie ich meinen Twin und meinen Bassman in Erinnerung habe. Reagieren schön dynamisch. Die DAW bedient sich intuitiv, ist (unter macOS) schnell am Start. Ja, der Funktionsumfang ist nicht so hoch, aber das braucht es für den Zweck auch nicht. Denn Fender Studio ist eine “für sich jammen” und “Ideen-festhalten” DAW. Auch die Effekte machen eine Menge Spaß. Die Plugins für den Mixer sind auch echt ok.
Natürlich ist das alles nicht Open Source. Schade.

… rein da?
Natürlich empfiehlt Fender das hauseigene “Link I/O” Interface mit USB-C (es funktionieren grundsätzlich wohl alle unter Linux nutzbaren Interfaces). Und auch die Fender Play Online/Cloud Umgebung soll man doch gerne nutzen. Und wenn das nicht reicht, kauf doch Studio One als Profi-DAW.
Am Ende ist Fender Studio eine echt nützliche, kleine DAW mit gutem Klang. Für unterwegs und “mal schnell festhalten”. Oder einfach mal alleine zu brauchbaren Backing-Tracks als Stems jammen. Es ist eine gute Werbung für “Profi-Software” aus eigenem Hause. Wer aber ganze Sessions und Bands aufnehmen will, ist ohnehin hier eher fehl am Platz.

Linux? Naja. Eher nicht.
Allerdings finde ich es bedenklich, dass es bei mir bei zwei Distributionen nicht startet. Und wenn, dann gibt es keinen Sound. Und kein Einstellungsmenü. Das ist – nett gesagt – sehr, sehr schade. Denn gut klingende Amps und Effekt-Emulationen könnten es ruhig ein paar mehr unter Linux werden. Guitarix kann ja nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Somit ist es für mich kein Garage Band für Linux. Dafür ist Garage Band vergleichsweise zu umfangreich und beherrscht MIDI. Aber als Einstieg und Alternative Linux-DAW für z.B. Gitarrenjams: Why not? Wenn es dann irgendwann mal geht. Für den Release ist das also eher nix.
Oder hatte ich nur Pech mit meinen drei Linux-Systemen?
Deine Erfahrung
Wenn du Fender Studio „Linux“ (auch gern später) mal installiert hast: Hat alles funktioniert? Lass mir gern mal einen Kommentar da.
Du willst Fender Studio selbst probieren? Schau auf die Homepage. Hier geht es direkt zum Download x86_64 oder ARM64.
Hier geht es zur Installationsanleitung.
Meine Entscheidung: Ich bleibe erst einmal bei Ardour und Reaper.
Fender Studio laeuft nur mit Wayland.
Ja, das ist bei den Anforderungen der Studio One Linux Beta als Unterbau anzunehmen. Debian und Fedora laufen bei mir mit Wayland. Dennoch hatte ich den Gegentest mit X11 für notwendig gehalten.