Bist du Audio Engineer, Drehbuchautor, Film-Cutter oder animierst Dinge in 3D? Dann brauchst du eine kreative Linux Distributionen und kannst direkt loslegen – oder du baust dir aus einer ganz normalen Alltags-Distribution deinen eigenen Werkzeugkasten.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Linux Distribution?
Eine Distribution ist ein komplettes Betriebssystem mit allen Grundprogrammen. Linux ist eigentlich nur der innere Kern, der sogenannte Kernel. Es wird aber synonym mit den Distributionen genutzt.
Während es von Windows oder macOS nur immer eine (aktuelle) Variante gibt, bauen etliche Distributionen ihre Pakete und Programme rund um den eventuell angepassten Kernel und haben eigene Namen. Zudem bauen viele Distributionen auf anderen auf und nutzen deren Features.
Die bekanntesten und aktuell meist genutzten Linuxe sind vermutlich Ubuntu, Debian, Fedora, Manjaro und eventuell noch Arch.
Unterschiede sind vor allem die verwendeten Paketmanager, über die Programme verwaltet und installiert werden, sowie das verwendete Desktop Environment, welches bei jeder Distribution auch veränderbar ist und die Schnittstelle zwischen User und System ist.
Brauche ich eine Distribution?
Du kannst zwischen etlichen Distributionen wählen. Am Ende funktionieren alle recht ähnlich. Einige brauchen bewusst mehr Fürsorge und Zeit zur Einrichtung und richten sich an Profis, andere Distris nehmen nahezu alle Schritte ab und bieten ein einstiegsfreundliches Nutzungserlebnis. Eine Umgewöhungszeit gibt es aber immer, wenn du zuvor noch nie Linux bedient hast.
Drei Dinge sollten vorab bedacht werden:
- Welches Desktop Environment wird verwendet?
- Sollen bestimmte Programme vorinstalliert sein?
- Ist für mich der Unterbau entscheidend?
- Brauche ich eine Multimedia bzw. „kreative“ Linux Distribution?
Es gibt hunderte Distributionen – genaue bzw. zuverlässige Nutzungszahlen gibt es nicht. Die am meisten genannten und tendenziell auch genutzten sind:
- Ubuntu (baut auf Debian auf)
- Mint (baut auf Ubuntu oder Debian auf)
- Fedora (eigentständig)
- Manjaro (baut auf Arch auf)
- MX Linux (baut auf Debian auf)
- Elementary OS (baut auf Ubuntu auf)
- Zorin OS (baut auf Ubuntu auf)
- Deepin Linux (baut auf Ubuntu auf)
- openSuse (eigentständig)
- Solus (eigentständig)
- Nix OS (eigentständig)
Sicherlich fehlen hier einige in der Liste. Schreibe deine (konstruktiven) Hinweise gern in die Kommentare!
Spezielle Distros mit etwas mehr Aufwand und Einarbeitungszeit sind:
Diese richten sich an User mit größerer Linux-Kenntnis und bieten beispielsweise bei Installation oder Paketverwaltung weniger Komfort oder benötigen zu Beginn vergleichsweise Einrichtungsarbeit.
Hinweis: Debian-Verfechter werden vermutlich jetzt wettern, solange aber der Nutzer nach der Installation nicht in der Sudo-Gruppe ist und erst per
usermod
Befehl hinzugefügt werden muss, kann Debian nicht als Erstlings-Distro an dieser Stelle empfohlen werden.
Der Vorteil an Linux: Es gibt für jede Vorliebe eine passende Distribution. Und wenn nicht, kannst du deine Eigene machen.
Als große Desktop Environments sind GNOME und KDE Plasma vorherrschend. Aber auch XFCE, LXDE oder sogenannte Tiling Windowmanager finden einige Fans – letztere sind eine Linux-Besonderheit.
Linux ohne spezielle Ausrichtung
Für Alltagsanwendungen und den ersten Kontakt mit Linux gibt es seit Jahren sehr ähnliche Empfehlungen. Seit den letzten Veröffentlichungen und Entscheidungen von Ubuntu-Entwickler Canonical wird statt Ubuntu als Nr. 1 für Einsteiger immer öfter Fedora von Red Hat empfohlen, aber auch Linux Mint bietet viel Komfort und eine breite Palette an Desktop Environments.
Tipp: Wie unter Windows und macOS lässt sich daraus eine kreative Linux Distribution kreieren. Einfach die Programme selbst installieren und fertig.
1. Fedora
Fedora ist aktuell die für Linux-Erstlinge vermutlich am meisten empfohlene Distribution. Sie kommt von Red Hat (gehört zu IBM), einer Firma, die auch das Red Hat Enterprise Linux (RHEL) als Lösung für Firmen anbietet. Fedora nutzt das Gnome Desktop Environment und ist eine der treibenden Kräfte, wenn es um Software-Neuerungen für Linux geht. Alle 6 Monate kommt eine neue Version heraus, die nicht neu installiert, sondern direkt aus dem System heraus aktualisiert wird.
2. Linux Mint
Linux Mint baut auf Ubuntu auf und ist seit vielen Jahren eine sichere Empfehlung für Linux-Neulinge. Durch die verschiedenen, teils selbst entwickelten Desktop Envoronments Cinnamon und Mate hat es sich eine treue Fan-Base erarbeitet und bietet ab Installation eine recht sorglose und optisch etwas altbackener Linux-Erfahrung.
3. Manjaro
Manjaro ist eine Rolling Release Distribution, die kontinuierlich aktualisiert wird, statt alle paar Monate oder Jahre eine neue Major-Version herauszubringen. Auf der Homepage können Snapshots der aktuellen Version heruntergeladen werden. Manjaro gibt es als Gnome, KDE und XFCE Varianten, die je nach Vorliebe ausgewählt werden können. Manjaro basiert auf Arch Linux, hält akutelle Arch-Programmpakete eine gewisse Zeit zurück und testet diese, bis sie an die Nutzenden verteilt werden. Dadurch sind die Pakete bzw. die Software nicht brandaktuell, dafür wird es oft als stabiler als Arch Linux bezeichnet. Für Einsteiger eine stabile und optisch leicht getunte Lösung.
4. Ubuntu
Ubuntu ist vermutlich die erste Linux Distribution, die eine einfache Nutzungserfahrung am Desktop bieten sollte. User sollten laut den Entwickelnden ohne große IT-Kenntnisse Linux nutzen können. Der zurückliegende Erfolg und die Verwendung von Ubuntu als Synonym für nutzungsfreundliches Linux sprechen für sich. In der letzten Zeit hat die Entwicklungsfirma Canonical für verschiedene Entscheidungen Kritik einstecken müssen. Aktuell ist Ubuntu aber immer noch eine gute Basis für einen stabilen Linux-Desktop.
5. PopOS
In der Nicht-Linux-Community hatte PopOS durch den bekannten Youtube-Kanal LinusTechTips leider einen zweifelhaften Ruf erlangt. Dabei lag es nicht an der Distribution, sondern an dem Namensgeber, der einen eindeutigen Warnhinweis übersehen hatte und damit sein gesamtes System unbrauchbar gemacht hatte.
PopOS wird von System76 entwickelt, die selbst Laptops und Computer mit Linux entwickeln. Die Distribution basiert auf Ubuntu – hat aber verschiedene Alleinstellungsmerkmale. Der Installationsprozess ist so, wie es bei allen Linuxen sein sollte: modern, einsteigerfreundlich und optional umfangreich. Außerdem setzt der Hersteller auf eine veränderte Gnome-Umgebung, die gleichzeitig elegant und modern wirkt, aber sich auch intuitiv bedient.
Wer noch ndavonie mit Linux zu tun hatte und eine stabile, moderne Distribution haben möchte, sollte hier einen Blick darauf werfen.
Kreative Linux Distribution für Audio, Video und 3D-Animation
Ein Linux für Kreative hat zwei Anforderungen, je nach dem, was du damit anstellen möchtest:
- Gibt es Treiber für die Grafikkarte
- Lässt das System dich in Ruhe
Nichts ist nerviger als ein Betriebssystem, das von dir Zeit abverlangt, um zu funktionieren. Wenn nach einem Update auf die aktuellsten Pakete irgendetwas nicht funktioniert und dein System vielleicht nicht mehr startet, oder alle paar Stunden die Information per Notification gezeigt wird, dass neue Pakete verfügbar sind, kann das schon zu viel Nerven kosten. Am Ende ist es ein Werkzeug und du vielleicht nicht so IT-affin.
Während es Programmierer oder Hobby-IT’ler vielleicht nicht stört, schnell mal ein paar Sachen gerade zu biegen, kann das bei Kreativen schon einmal den Workflow stören und komplett von der eigentlichen Arbeit ablenkt. Dafür gibt es sogenannte Multimedia bzw. „kreative“ Linux Distributionen.
Grafiktreiber brauchen vor allem Gamer, aber auch User, die mit 3D-Animation oder Video-Encoding zu tun haben. nVidia und ATI liefern zuverlässig Treiber, den Meinungen der Nutzenden nach, sind die von ATI besser mit Linux kompatibel. Dank WINE und Valves WINE-Aufbau Proton ist Gaming unter Linux
Für Audioschaffende (Audio und Mixing Engineer, Sound Desinger, ADR Spezialist, Foley Artist oder Musik-Producer usw.) ist eventuell ein Low Latency bzw. Realtime (RT) Kernel interessant (die beiden Begriffe werden hier synonym verwendet). Mit diesem speziell gepatchten Kernel werden mit verschiedenen Audio Interfaces noch niedrigere Latenzen erreicht. Viele kommen mit dem normalen Kernel zurecht, haben ihr System lediglich auf Audio optimiert. Realtime bzw. Low Latency soll demnächst direkt in den Kernel integriert werden, dann sind die Spezial-Kernel nicht mehr notwendig. Empfehlenswert ist: Erst einmal normal probieren und nur bei Bedarf den Kernel austauschen, denn manchmal gibt es damit Probleme mit manchen Programmen, vor allem mit Grafiktreibern werden immer wieder Imkompatibilitäten berichtet.
In vielen der auf Audio spezialisierten Distros ist ein RT-Kernel installiert.
Fedora Jam
Fedora Jam ist ein Community Spin, das heißt, es wird von Fans verwaltet. Es baut auf dem normalen Fedora auf, hat bereits den jeweils aktuellen RT-Kernel installiert und alle wichtigen Audio-Tools. Konkret sind aktuell neben ALSA , PulseAudio und JACK auch DAWs wie Mixbus oder LMMS und Plug-in Effekte, z.B. das Paket von CALF vorinstalliert. Mit TuxGuitar kann komponiert werden, mit Guitarix bekommt deine E-Gitarre einen Verstärker nach verschiendenen Vorbildern spendiert. Auch virtuelle Synthesizer sind dabei. Es kann also direkt losgelegt werden – es ist das KDE Plasma Desktop Environment vorinstalliert.
Fedora Design Suite
Anders als Jam richtet sich der Community Spin Fedora Design Suite an Enthusiasten von Grafik, Foto, Design, 3D und Video Design. Es sind verschiedene Programme wie GIMP, Inkscape, Blender, Krita, Darktable, die NLE Pitivi und ein Bildschirm-Kalibrationsprogramm direkt vorinstalliert und es kann direkt mit der Kreativarbeit losgelegt werden. Es ist das GNOME Desktop Environment vorinstalliert.
davon
Ubuntu Studio
Traditionell setzt Ubuntu Studio auf XFCE, seit neustem aber auf KDE Plasma. Ubuntu Studio ist für viele DIE kreative Linux Distribution und kann entweder wie üblich von einer virtuellen DVD, bzw. ISO-Datei oder direkt aus einem normalen Ubuntu System mit einem speziellen Programm „nachinstalliert“ werden – die Entwickler raten aber offiziell zur Neuinstallation.
Die Entwicklung wird von Fans der Distribution übernommen und hängt der Hauptversion immer etwas in Sachen Aktualität hinterher. Da es über die normalen Paketquellen von Ubuntu aktualisiert wird, kommen die Sicherheitsupdates aber normal an. Ubuntu Studio versucht Audio, Grafik, Video und Fotografie unter ein Dach zu bekommen. Dafür sind von JACK über Ardour, GIMP, Blender, Openshot (NLE) bis zu Darktable allerlei Programme vorinstalliert.
AV Linux
Die Abkürzung AV steht für Audio Video – der Name ist Programm. Es basiert auf MX bzw. antiX Linux und damit auf Debian und bringt eine Mischung aus XFCE und Openbox Desktop mit. Anders als die Fedora Spins und Ubuntu Studio sind bei AV Linux neben den üblichen Open Source Programmen auch unfreie, proprietäre Programme vorinstalliert. Die sind vom Entwickler (es ist tatsächlich nur eine Person) als Angebot zu verstehen und lassen sich direkt mit einem Klick bei Bedarf entfernen. Es sind zudem WineASIO, ein RT-Kernel, eine Plug-in-Bridge zu Windows VSTs und zum Beispiel die proprietären DAWs Harrison Mixbus und Cockos Reaper. Durch die sparsamen Desktop Environments eignet sich AV Linux (offiziell AV Linux MX Edition) auch für ältere und schwächere Hardware.
openSuse GeekOS
GeekOS DAW ist ein Zusatz für die ehrwürdige, deutsche Linux-Distribution openSuse. Es ist eine Art Repository, also eine Bibliothek für Anwendungen, mit der openSuse zur professionellen Workstation werden soll. Die Konfiguration passiert dabei automatisch und entsprechende Programme sind in YAST (Suses Software Management) voran mit gdaw gekennzeichnet. Es kann sein, dass einzelne Versionen in der Repository eine alte Version aufweisen, dann hilft oftmals aber die Flatpak-Version, zum Beispiel von Flathub.
Linux für Texter:innen, Autor:innen und Schriftsteller:innen
Wer schreibt, hat in der Regel zwei Anforderungen:
- ein Textverarbeitungsprogramm
- Ein System, dass nicht stört
Wer schon lange mit Linux unterwegs ist, hat irgendwann seine Distribution gefunden. Wenn du ganz neu einsteigst, empfehle ich dir eine Einsteiger-Distro aus der Liste oben, in der du einfach das Textprogramm deiner Wahl installierst. Die Auswahl ist gar nicht so klein, wie du vielleicht denkst.
Etliche Programme gibt es auch für Linux: Hier findest du eine Auswahl an Office Suites oder Texteditoren, die Distraction Free (ablenkungsfrei) sind und die Markup-Sprache „Markdown“ verstehen. Damit hast du ein hervorragendes Paket. Ein Linux, dass dich nicht stört und alle Nase lang neue Updates einspielen möchte und ein Programm, dass deinen Anforderungen entspricht. Du kannst das Betriebssystem auch problemlos für Recherche, Notizen oder deine Cloud-Datenverwaltung nutzen.
Disclaimer: Spezielle Autorenprogramme wie Papyrus Autor oder Scrivener gibt es leider nicht (mehr) für Linux. Dafür aber beispielsweise das hervorragende Bibisco oder Patchwork, dass via WINE laut dem Entwickler voll Linux-kompatibel sein soll.
Eine Übersicht über die verfügbare Text-Software für Linux findest du im Bereich TEXT – aufgeteilt in Markdown Editoren, Autorensoftware und Office Suites.
Deine Erfahrung
Welche Text-Software für Linux verwendest du? Und welche „Kreative Linux Distribution“ ist aktuell bei dir installiert?
Bist du hobbymäßig oder professionell als Autor:in oder Texter:in tätig?
Schreibst du belletristische Werke, also Prosa oder Romane, oder eher kurze Sachen wie Blog-Posts?kreative
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Hallo.
Danke für den aufklärenden Artikel und Deine sehr gute Eingruppierung der verschiedenen Distributionen.
Grüße
Ich werde immer öfter von Musikern und Musikerinnen nach Linux gefragt. Meisten nutzen sie Apple und wollen weg.
Ich frage dann immer nach den Programmen die sie nutzten und empfehle ihnen eine 0815 Distro die stabil läuft, mit den entsprechenden Programm Empfehlungen. In Zukunft werde ich sie gerne auf Deine Seite verweisen.
Danke